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Über den Allgäuer Hauptkamm

Das Allgäu – eine Bergwelt der Gegensätze! Sanfte Grasberge neben schroffen, düsteren Felsgipfeln, einzigartiger Vegetation, mit eindrucksvollen Steigen und großartigen Höhenwegen.

Die alljährliche Viertagestour führte diesmal in diese Region. Eigentlich war die Tour schon letztes Jahr geplant, was ich aber verwerfen musste, da die Hütten durch die Coronaeinschränkungen sehr schnell ausgebucht waren. Bereits frühmorgens brachen wir wie immer zu zwölft an einem der heißesten Wochenenden auf nach Oberstdorf zum Parkplatz bei der Fellhornbahn.

Ziel des ersten Tages war die Mindelheimer Hütte. Nach dem wir den Wanderbus knapp verpassten ging es gleich vom Parkplatz zu Fuß los nach Birgsau, unserem Ausgansgpunkt.

Zum Auftakt gab es gleich einen Anstieg der neben dem Heilbronner Weg zu den schönsten Panoramawegen der Allgäuer Alpen gehört. Von Birgsau wanderten wir auf Alpweiden an der Finkenalpe vorbei, wo der Anstieg schnell steiler und anspruchsvoller wurde. Abwechslungsreich gewannen wir über ein Geröllfeld und im Latschengelände schnell an Höhe und erreichten den Absatz des Scheidbichl. Es ist ordentlich heiß und wir kommen gewaltig ins schwitzen, was einige zusätzliche Trinkpausen nötig machte. Dann führte unser Weg am kleinen Guggersee vorbei, wo wir nach der langen Anfahrt eine wohlverdiente Rast einlegten.Wir wanderten weiter hoch über dem Rappenalptal nach Südwesten und genießen lange einen wunderbaren Blick auf die lange Gipfelreihe des Hauptkamms, vor allem auf die Trettachspitze, die jenseits des schmalen Tales steil in den Himmel ragt. In einem großen Bogen querten wir den Kessel des Roßkund und gelangten nach einem kurzen Anstieg zum Verbindungsweg Fidererpasshütte. Hier wäre ein Zustieg zum Mindelheimer Klettersteig möglich gewesen. Niemand in der Gruppe hatte Ambitionen bei dieser Hitze noch zusätzliche Höhenmeter und zusätzliche drei Stunden zu gehen. Von hier verlief der Weg auf dem Krumbacher Höhenweg in sanftem Auf und Ab unter den Schafalpenköpfen vorbei zur wunderschön gelegenen Mindelheimer Hütte. Der lange Hüttenzustieg an der Südseite bei hochsommerlichen Temperaturen war anstrengend und schweißtreibend. Alle waren froh als wir unser Ziel erreichten.

Das engagierte freundliche Personal unterstützte uns dabei, den hohen Flüssigkeitsverlust, nicht nur mit Wasser aufzufüllen. Von der Hüttenterasse genossen wir einen wunderbaren Blick hinüber zum mächtigen Biberkopf und zur steilen Trettach.

Nach einem glühenden Sonnenuntergang begrüßte uns der nächste Morgen mit wolkenlosem Blau und es erwartete uns wieder ein sehr heißer Tag. Die Rappenseehütte war das Ziel des zweiten Tages.

Wir hatten zunächst einen Abstieg von 500 Höhenmeter zu bewältigen,der uns von der Hütte über teils verbuschte Hänge zum Haldenwanger Bach hinabführte. Auf der Gegenseite ging es steil über einen, teils in den Fels gesprengten Weg, zum Schrofenpass hinauf, umrundeten den Grüner auf der Nordseite und gelangten über die Schlosswand zum Einriss des Mutzendobels. Lawinen und Muren – Urkräfte des Hochgebirges – haben hier eine tiefe Runse ins Gelände gegraben. Wir durchquerten den engen Tobel und stiegen am jenseitigen Grashang hinaus. Hoch über dem Rappenalptal führte der Weg in ständigem Auf und Ab ohne Jausenhütte zur Oberen Biberalpe. Diesen schönen Platz nutzten wir für unsere Brotzeitpause. Gut wenn im Rucksack genügend Proviant und Getränke vorhanden sind! Auf einem besseren Weg gelangten wir auf den von Einödsbach her kommenden Hüttenzustieg. .Entlang einer steil abfallenden Geländekante am Mußkopf ging es zuletzt in Serpentinen nochmals kräftig bergauf zur stattlichen Rappenseehütte (2091m) die wunderschön zwischen Wiesenbuckeln eingefasst und umrahmt von zerfurchten Felsgipfeln und dem Rappensee eine beeindruckende Kulisse bildet. Die Hütte ist mit über 300 Schlafplätzen die größte aller Hütten des Deutschen Alpenvereins und bestens organisiert.

Gestärkt mit einer Suppe oder Kaffee und Kuchen stieg ein Teil der Gruppe ohne Rückenlast noch auf den Rappenseekopf (2469 m). Über die von der Hochgrundspitze herabziehenden Block-und Schutthalden empor, erreichten wir die Rappenseescharte mit einem schönen Ausblick auf das Hochalptal und das Hohe Licht. Dem Grat folgend gelangte die Gruppe in leichter Kraxelei auf den Gipfel. Belohnt wurden wir mit einem grandiosen Panorama zu allen Seiten und herrlichem Tiefblick auf den Rappensee.

Unser Abstieg führte steil bergab bis zur Hochrappenscharte, querten wiederum ein Geröllfeld und erreichten auf einem Pfad den Rappensee. Einem Sprung ins kalte erfrischende Nass des malerischen Bergsees konnte an diesem heißen Tag niemand wiederstehen.

Am Abend erlebten wir noch ein Naturschauspiel. Die heranziehenden Wolken mit Donnergrollen,Regen und Sonne zauberten zwei Regenbogen zwischen die Berge und sorgten für eine wunderbare Stimmung, aber auch für etwas unsicheres Wetter.

Statt des erhofften Sonnenscheins erwartete uns für den Heilbronner Weg am nächsten Tag Regen. Die Natur war sehr dankbar, aber wir waren nicht so begeistert. Nach längerer Diskussion, Internetrecherche bei verschiedenen Wetterdiensten und letztendlich die Aussage vom Hüttenwirt dass es trocken und ab Mittag sonniger wird, fiel die nicht einfache Entscheidung für den

hochalpinen Übergang zur Kemptener Hütte.

Es ist die Königsetappe des Allgäuer Hauptkamms und Regen stand da gar nicht auf meiner Wunschliste. Dieser Verbindungsweg von der Rappensee Hütte (2091m)zur Kemptner Hütte

verläuft in einer Höhe von 2432 m bis 2615 m und ist der älteste und bekannteste Felsensteig der

Nördlichen Kalkalpen.

Zuerst ging es über einen mäßig steilen Weg zur Großen Steinscharte (2262m), weiter auf einem schrofigen teils mit Seilen gesicherten Weg über ein Felsband zum Heilbronner Törl und zur Kleinen Steinscharte (2541m). Immer wieder regnete es, da waren die Träume von reizvollen Abstechern auf das Hohe Licht und Mädelegabel schnell ausgeträumt. Nach der Steinscharte erwartete uns eine gut gesicherte Grattour, die aber Trittsicherheit und Schwindelfreiheit erfordert. Die bekannte Leiter mit der Leiterbrücke half uns auf den 2615 Meter hohen Steinschartenkopf ,es ist sogleich auch der höchste Punkt des Heilbronner Weges, hier legten wir eine kurze Rast ein. Die Gipfel waren verhüllt, manchmal hob sich für kurze Zeit der Nebel und gab die Ansätze der Felsburgen frei , an denen unser Weg vorüber führte. Sogar die Sonne zeigte sich ganz kurz und weckte große Hoffnung auf die angesagte Wetterbesserung. Anschließend ging es am Wilden Mann und Bockkarkopf (2609m) vorbei,bevor es hinunter ging zur Bockkarscharte.Hier ist ein Notabstieg zum Waltenberger Haus möglich.

Der Weg führte weiter an der Hochfrottspitze vorbei über die Reste des kleinen Schwarzmilzferner den wir bei starkem Nebel und schlechter Wegfindung passierten.

Der weitere Wegverlauf wurde jetzt bedeutend einfacher und so erreichten wir über die dunklen Böden der Schwarzen Milz immer leicht absteigend das Mädelejoch und schließlich die Kemtner Hütte. Auf dem Weg konnten wir immer wieder imposante Steinböcke beobachten. Die Freude war groß, weil wir auch Steingeißen mit ihren Kitzen entdeckten.

Der sehr freundliche Hüttenwirt mit seinen Kellnerinnen verwöhnte uns mit bestem Essen,und wir ließen auch den verregneten Tag, wie jeden Abend fröhlich ausklingen.

Die Schlußetappe ging abseits der touristischen „Hotspots“ über den Fürschießer Sattel zum Kreuzeck , auf einem einsamen und zugleich wunderschönen Abstieg über den Bettlerrücken zur Spielmannsau.

Es erwartete uns ein durchwachsener Tag mit Nebel und ein wenig Sonne. Der Weg zum Fürschießersattel an einem steilen Grashang entlang war etwas heikel und ist bei Nässe nicht unbedingt zu empfehlen. Die weitere Route unterhalb der Krottenspitzen durch die Schuttfelder im Märzle folgte ab dem Marchsattel der bestechend schöne Abschnitt über dem Kammfirst zum Kreuzeck.Die Gipfel waren teils verhüllt, aber Blumen gab`s überall in allen Farben und geradezu verschwenderischer Zahl. Tief unter uns blickten wir ins Hornbachtal.Im Abstieg auf dem steilen,grasbedeckten Bettlerrücken hatten manche etwas Mühe, aber alle kamen unbeschadet bei der Hinteren Traufbergalpe an. Dort wurde natürlich auf der urgemütlichen familiären Alpe eingekehrt. Deftige Brotzeiten und hausgemachte Kuchen rundete die schönen Bergtage in den Allgäuer Alpen ab. Durch den engen schluchtartigen Traufbachtobel wanderten wir noch talwärts bis zur Spielmannsau ,wo uns ein Wanderbus zum Parkplatz Renksteg brachte.Dort hatten wir am ersten Tag ein Fahrzeug abgestellt um die Fahrer schnell zum Parkplatz der Fellhornbahn bringen zu können.

Es waren wieder abwechslungsreiche Tage in einem herrlichen Tourengebiet mit vielen schönen Eindrücken, tollen Momenten und einer harmonischen Gruppe,wie man sie sich nur wünschen kann!

Rita Kramhöller

Fotos: Teilnehmer der Tour

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