Home > Publications > Bergradel-Transalp BB von Weerberg nach Venedig

Am 01.07. sammelt der gecharterte Bus zuverlässig die 25 Tans-Alp Probanden samt ihrer Drahtesel ein um sie bequem nach Weerberg zu bringen. Schnell sind die Räder aus dem Anhänger geladen, die Rucksäcke angeschnallt und die Pedale eingeklickt. Die erste Etappe bei strahlendem Wetter ist von leichter Kost und daher am Nachmittag leicht zu machen.  Dennoch schmeckt die kühle Hopfenkaltschale auf der Weidener Hütte nach 950 hm und 13 km köstlich.
Die Räder werden auf der Stange hinter dem Haus platziert. Absperren braucht ihr sie nicht , hier kommt nichts weg, versichert der Wirt. So recht glauben wollen das nicht alle und legen vereinzelt ihre Schlösser an.
Die Versprechungen des Wirtes, das nichts wegkommt und es ein gutes Essen gibt bewahrheiten sich. Es wurde reichlich und gut aufgetischt, manche konnten gar nicht glauben, dass es so große Tiere gibt, aus denen Schnitzel, die über den Tellerrand hängen, geschnitten werden. Die Nachfrage eines trotzdem noch glustigen Bergbeißers nach einem Kuchennachschlag löste dann eine Blechlawine aus. Der freundliche Wirt schleppte so lange Bleche mit leckerem Kuchen herein, bis sich alle ihre Bäuche vollständig prall waren.
Das Wetter wird morgen Nachmittag gewittrig, meinte der Chefguide Wasti Stoib,  deshalb fahren wir um 7 Uhr ab. Pünktlich treten alle in die Pedale, die steile Steigung als 2. Frühstück hat es in sich und der rote Bergbeisserwurm  schlängelte sich sehr lang gezogen bis zum Geiseljoch hinauf. Das Joch ist ein alter Übergang zwischen der Gebirgskette des Inntals und des Tuxer Tals. Es wird im Jahr 889 erstmalig urkundlich erwähnt.
Im oberen Stück verweist ein Schild, dass jetzt eine Schiebestrecke für Mountainbiker beginnt.  Scheinbar lassen sich die radelnden Bergbeisser nicht von so einem Schild von ihren Drahteseln abwerfen.
An der Passhöhe strahlen uns die Gletscher und Gipfel in der Morgensonne entgegen. Keiner denkt  mehr an die Anstrengungen.  Diese Kulisse lädt natürlich zu einem ausführlichen Fotostopp ein.
Aber da war immer noch die Gewitterwarnung für den Nachmittag, so müssen wir diesen schönen Ort sehr zeitig wieder verlassen.
Die Mittagspause nehmen wir in der Nähe der 131 m hohen Staumauer des Schlegeisspeichers ein. Fünf  Jahre wird an dem Speicher gebaut, bis er 1970 vollendet ist.
Die Sonne versüßt uns die Pause und als wir wieder auf dem Rad sitzen ziehen die angekündigten Wolken von Westen über uns.
Die Teerstrasse endet am Schlegeisspeicher und ab da führt ein mit großen Steinplatten belegter Trail zum Pfitscherjoch. Dieser ist nur teilweise fahrbar, er wird von einem groben Karrenweg kurz vor dem Joch abgelöst. Diese treibt uns trotz des kleinen Temperatursturzes den Schweiß auf die Stirn.
Als der letzte ankommt regnet es. Wir waschen und trocknen die Trikots und werden dann gut verköstigt. Der Wirt baut seinen Fernseher auf und ermöglicht uns den Sieg der Deutschen Mannschaft gegen Italien live zu sehen.
Draußen prasselt der Regen an die Scheiben und Nebelschwaden winden sich um die Hütte.
Die Lage ist in der Früh etwas leichter, aber es ist kalt geworden. So haben alle die Regensachen übergezogen, denn das Roadbook zeigt eine Abfahrt von ca.  35 km nach Sterzing.
Nach wenigen Metern kühler Abfahrt reißt der Himmel auf und die umliegenden Berge enthüllen ihre Gipfel. Der Nebel und die Sonne liefern sich beeindruckende Lichtspiele.
Von Sterzing nehmen wir eine Rodelbahn zum Jaufenpass. Die Oberschenkel brennen, als wir bei der Hütte in der Nähe des Passes ankommen und beim Mitagessen aufeinander warten.
Super Trails führen uns in die Tiefebene nach Meran ins Passeier Tal. Die Dämpfer unserer Maschinen pusten… Ob der Sandwirt Andreas Hofer dort auch außer Puste war, als er dreimal gegen die Franzosen siegreich in die Schlacht gezogen ist?
Der Tag endet nach 115 km und ca. 1400 hm in Vipian mit einem leckeren Mehrgängemenü.
Das Wetter ist nun sehr stabil schön,  so nutzen wir noch die kühleren Tagesstunden um einige Kilometer und Höhenmeter hinter uns zu bringen. Unser Ziel Vigo die Fassa werden wir in 3 Gruppen erreichen. Die Gruppe 1 nimmt die Version über den Passo de Nigro und Karerpass, da dort einige lohnende Trails warten. Die letzte Abfahrt wird jedoch zur Schlammschlacht. Peppi versucht es Thomas im Trailen gleichzumachen und legt jedoch bei der steilen Abfahrt gleich einen Purzelbaum mit ein. Ein Baum hält ihn am Rucksack fest, damit er nicht zu viel Höhenmeter verliert. Moose und Gras dämpfen die holprige Landung etwas. Abends dachte er mit seiner Geschichte aufwarten zu können, jedoch hatte die Gruppe 3 eine lustigere. Sie rühmten sich neue Pfade begangen zu haben und eigentlich brauche man kein GPS auf so einer Tour. Außerdem würden auch Umwege die Ortskenntnis erhöhen und wertvolle Bergbeisserpunkte seien auch extrem wichtig.
Im Grunde schreibt bei so einer Tour ohnehin jeder seine eigene Geschichte, lediglich ist das Drehbuch (die Tagesziele) bei allen identisch.  Bei Pizza und Wein können wir gemeinsam herzlich über die einzelnen Erlebnisse lachen.
Die 5. Etappe führt uns ins Herz der Pala, wir bilden 2 Gruppen. Eine Chilloutgruppe, die den Komfort der Technik nutzt und die ersten 850 hm mit der Seilbahn fährt. Die 5 Mann starke Alternativgruppe die die Seilbahn meidet, kommt schnell zur Erkenntnis, dass sie besser das kleingedruckte der Tourbeschreibung gelesen hätte. Die lange, steile, schottrige Rampe schießt den Puls in den „Roten Bereich“. Schnell ein Colabier bevor ich kollabier war der erste Ausruf an der Hütte.
Der Puls reguliert sich schnell und die Genussstrecken entlohnen die Schinderei, die sich die Seilbahnfahrer auch nicht entgehen ließen. Der Schnitt wurde durch die vielen Fotostopps deutlich gesenkt. In San Martino waren dann alle geläutert und nutzten die Seilbahn zur Rossetta Hütte. Der lange Steig, der teilweise seilversichert ist, eignet sich nicht für Radler.
Am Gipfel ziehen dicke Wolkenschwaden über die Hütte und wenig später taucht heftiger Hagel die Hochebene in ein kühles Weiß. Die Körner bleiben teilweise noch bis zum nächsten Tag liegen.
Wenn kein W-Lan zur Verfügung steht, besinnen sich die Menschen wieder auf die alt hergebrachten Kommunikationsmethoden. Es werden Geschichten erzählt, die papierenen Tischdeckchen dienen als Bastelunterlage und die vielen in Alkohol eingelegten Früchte sind ein herrlicher Nachtisch.
Ob Pflaume, Marille, Birne, Nuss, Wacholder, etc. die beste Wahl ist entscheidet jeder für sich selbst. Allerdings beflügelt das Obst nochmal die Stimmung.
Die Wolken sind am Morgen verzogen, die Pala präsentiert sich von der schönsten Seite. Vor der Abfahrt um 8 Uhr werden die Räder gecheckt. Bei 2000 hm Abfahrt, die teilweise über ausgesetzte Steige führen, ist es unabdingbar, dass die Bremsen funktionieren.
Der Militärweg verlangt von Mensch und Material einiges ab. Manchmal lauern hinterlistige scharfkantige Blöcke, die die Reifen aufschlitzen. Gut, dass wir genügend Material dabei haben und uns gegenseitig aushelfen.  Die Dämpfer pusten um die Wette und so manche Luftpumpe klinkt sich in das Konzert mit ein. Kurze Gegenanstiege sorgen dafür, dass die Körpertemperatur den kühlen Bereich verlässt.
Die Fotoapparate versuchen die grandiosen umherstehenden Türme, Felsen, Schluchten mit dem stahlblauen Himmel,  durch die sich die rote Bergbeisserkaravane schlängelt, festzuhalten.
Unten geht der ruppige Pfad in einen flowigen Trail über. Hier ist Kurventechnik gefragt. Die Profis bremsen vor der Kurve und lupfen das Hinterrad in einem Schwung durch die Kehre.
Die Endorphine sprudeln bei den Aussichten und dem genialen Trail.
Im Tal angekommen, teilt sich das BB-Team in 3 Gruppen (Wildschwein- Adventure und Cillout-Gruppe), da es zu gefährlich ist mit 25 Radlern das Stück Landstraße zu fahren.
Das Wildschweinteam bahnt sich den Weg durch das Unterholz, robbt sich steile Hügel rauf, stets darauf achtend, dass die rote Linie des GPS-Trecks nicht verlassen wird. Die Adventureradler verweigern die Fluss Durchquerung, finden jedoch den Trail wieder und verfolgen die Wildschweine. Das Chilloutteam definiert den Treck als Hilfestellung und bleibt auf dem Radweg. „Wir lassen uns doch nicht vom GPS-Kasterl nix anschaffen!“ Hörte man da aus der Mannschaft. An einer Kurve schnaubte das Wildschweinteam schiebend aus dem Unterholz, als die Chiller vorbeifahren riefen Sie „Ihr fahrt ja gar nicht auf dem Treck!“ Die Antwort folgte umgehend. „Aber wir fahren!“
In Feltre endete der Tag für die eine Gruppe in einem renovierten alten Landhaus bei Pizza und Bier für die anderen bei einem herrlichem Essen und einen Hotel.
Während des Zweiten Weltkriegs kam es im Juli 1943 in Feltre zum letzten persönlichen Zusammentreffen von Hitler und Mussolini auf italienischem Boden. Anlass war die zunehmende Bedrohung Süditaliens, insbesondere Siziliens, durch die Alliierten und der beginnende Rückzug der Wehrmacht an der Ostfront kurz nach der Niederlage bei Stalingrad. Die gegensätzlichen Ziele der Verbündeten brachten Mussolini in einen Interessenkonflikt, der mitentscheidend zu seiner Absetzung durch den Faschistischen Großrat und seiner Verhaftung am 25. Juli 1943 führte.(Wikipedia)
Morgen gibt’s einen Grappa verkündete das Roadbook. Kurzer Schluck und etwas brennen, dann ist die Sache vorbei, könnte man meinen. Weit geirrt. Der Monte Grappa ist mit knapp über 20% nicht so hochprozentig wie sein alkoholischer Kollege, dafür zieht er sich und langsam aber lange brennen die Oberschenkel und der herabtropfende Bergbeisserschweiß tränkt den Berg. In der Rifugio Bochette ist bei einem Cola-Bier und Kuchen die Plackerei schnell vergessen und die komplette 25-köpfige Bergbeisserdelegation wieder vereint.
Gut gestärkt, geht es die letzten 400 hm zum Gipfel des bis 1916 friedlichen Monte Grappa, danach war es vorbei mit der Ruhe und 1917 / 18 herrschte auf dem 1775 m hohen Berg ein erbitterter Stellungskrieg zwischen den italienischen und österreichisch-ungarischen Truppen, aber auch gegen die mit dem Vielvölkerstaat verbündeten Truppen des Deutschen Kaiserreichs.
Die Schützengräben und Stellungen sind zum Teil noch begehbar und weite Teile in einem Freilichtmuseum integriert.
Trotz des Sommerwetters ist es kühl und feucht in den Tunneln der Anlage. Vereinzelt stehen noch Kanonen in den Stellungen. Wir können ein bisschen erahnen welcher Wahnsinn hier oben getobt haben muss. Da sich der Krieg hauptsächlich im Winter abspielte, hatten die Soldaten nicht nur mit dem Feind, sondern auch mit den Naturgewalten, Wind, Nebel, Schnee zu kämpfen. Wir steigen in die Schutzräume hinab, die gegen Gasangriffe in den Fels gemeißelt sind. Auch sehen wir Nischen in denen Notoperationen durchgeführt wurden. Der als Wüstenfuchs später bekannt gewordene Erwin Rommel kämpfte ebenfalls hier oben.
1935 wird ein Denkmal zu Ehren der Gefallenen errichtet in dem die Gebeine von mehr als 12 500 italienischen sowie rund 10 000 österreichisch-ungarischen Soldaten ruhen, die meisten davon sind unbekannt. Die Straßen auf den Monte Grappa, sind vmtl. erst 1916/17 auf Anordnung des italienischen Generals Luigi Cadorna gebaut worden. In Vorbereitung eines Verteidigungskrieges auf dem Monte Grappa. Falls die Isonzo-Front durchbrochen würde, sollte dort der Vormarsch der feindlichen Truppen in die oberitalienische Tiefebene verhindert werden. Eine der damals erbauten Straßen ist nach General Cadorna benannt und führt vom Gipfel des Monte Grappa über Romano d’Ezzelino bis nach Bassano del Grappa.
Wir trailen auf dem Weg Nr. 155 nach unten und es wird nochmal dem Fahrkönnen und dem Material einiges abverlangt.
Am Abend genießen wir in der Pizzeria das gute Essen und tauschen die Erlebnisse des Tages aus.
Ab 21 Uhr heißt es Daumen drücken für die deutsche Mannschaft in der Fußball EM. Das Spiel war gut, aber dennoch konnte kein Sieg gegen die Franzosen errungen werden. Die ausgeschiedenen Italiener scheint das Spektakel gar nicht mehr zu interessieren.
Nach dem Start überfahren wir die bekannte  Ponte degli Alpini genannten Brücke, dem Wahrzeichen von Bassano del Grappa. 1156 erstmals urkundlich erwähnt, mehrfach durch Menschenhand oder starke Hochwasser zerstört und wieder aufgebaut, ist die Holzbrücke Anziehungspunkt für Einheimische wie für Touristen und Begbeisser.
Spätestens jetzt zeigen die Türme der Kirchen an, dass wir uns den Weg durch Venetien bahnen.  Eigentlich erwartet man eine flache, langweilige Tour bis zum Meer, aber das Gegenteil ist der Fall. Der zum Teil schmale Weg ist sehr abwechslungsreich. Padua bietet sich noch für einen Stopp mit Stadtbesichtigung  an. Am späten Nachmittag sind wir Nähe Dolo im Örtchen Mira und vollenden unsere letzte Radetappe dieser Trans Alp.
Am Abend feiern wir bei einem guten Menü.
Alle 25 Bergbeisser haben das Ziel ohne größere Blessuren gemeistert.
Besonderem Dank sagten wir dem Wettergott, der uns nicht mit Regen überschüttete.
Ganz besonders lobten wir die gute „Führung“ und Vorbereitung der drei Guides, Wasti Stoib, Peter Schauer und Franz Röckenwanger.
Aber auch die Mannschaft ist sich einig, dass sie eine harmonische, super Trans-Alp mit viel Spaß erfahren haben.
Es war stets alles im grünen Bereich bis auf den Hintern, der war manchmal im Roten.
Die verflixten steilen Steigungen und deren Anstrengungen waren das Salz im Erlebnismenü „Weerberg – Venedig“,  das sich durch, flowigen Trails, klasse Aussichten, schönes Wetter, Harmonie und gute Laune und super Organisation auszeichnet.
Der Pflichtbesuch in der Hauptstadt von Venezien stand auf dem Programm des radfreien Tages und am Folgetag brachte uns der Bus sicher und zuverlässig in die Heimat zurück.
(zum Nachahmen empfohlen.)

Bericht: Norbert Knuhr

Fotos: WhatsApp Teilnehmer Transalp