18 Mitglieder der AV-Sektion Tittmoning machten sich auf für eine Woche zum Bergsteigen ins italienische Piemont, in das 60 km lange wildromantische Maira Tal, nahe der französischen Grenze.
Nach den ersten positiven Eindrücken vom Hoteldorf Albergo Diffuso „Ceaglio“ ging es am nächsten Tag mit einer Gruppe in das kleine Bergdorf Ussolo, während die andere Gruppe bis zum Weiler Lausetto weiterfuhr. Beide Gruppen gingen sich auf dem gleichen Weg entgegen und konnten, da jede Gruppe beide Autoschlüssel dabeihatte, am Endpunkt das jeweils andere Fahrzeug zur Rückfahrt benutzen.
Die Bergsteiger erlebten eine Blumenwanderung der Extraklasse. Seltene wilde Schachbrettblumen, Wiesen voller Enziane und insgesamt eine florale Fülle, die seinesgleichen sucht und die in einer solcher Vielfalt noch keiner so gesehen hatte. Die Bergfreunde konnten sich nicht satt sehen, so daß das Handy vor lauter Fotografieren nicht mehr in den Rucksack kam .
An einer kleinen Alm bot eine Sennerin den Bergsteigern einen Kaffee an und nach einer netten Unterhaltung mit ihr ging es über einen kleinen Gipfel der namenlos war zum Pass Colle Sarasin (2.040 m) und von da einen kleinen Abstecher zu einem atemberaubenden Aussichtspunkt. Nach der Brotzeit an der Punta Culour ging es steil durch einen Wildromantischen Wald hinab. Die Tour führte durch kleine Weiler mit ihren verlassenen und teilweise verfallenen Häusern, die zu einem kleinen Teil wieder aufgebaut und als Ferienunterkünfte hergerichtet wurden.
Am zweiten Tourentag stand die Fahrt nach Chiappera und, von da aus, die Umrundung der Rocca Provenzale, einem gigantischen steilen Felszahn, auf dem Programm. Am 2.309 m hoch gelegenen Colle Gregori erlebten die Bergfreunde den Höhepunkt der sechsstündigen Wanderung: die Begegnung mit einem Rudel Steinböcke in nächster Nähe. Diese majestätischen Tiere, besonders die männlichen, mit ihren massiven Hörnern, beeindruckten alle. Der Brotzeitplatz auf einer in der Mittagssonne einladenden Wiese bot fantastische Einblicke in die kaskadenartigen Wasserfälle von Stroppo. Beim Abstieg wurde noch der Monte Russet, ein abgeschliffener Riesenfelsbrocken, sozusagen im Vorbeigehen, bestiegen. Am Abstiegsweg waren Weiße-, Blaue- und Schwefel-Küchenschellen sowie seltene wilde Tulpen zu bestaunen (und zu fotografieren).
Die Tourenleiter, Sigi Reuner, Bernhard Lenz und Kurt Stemmer, der die Reise insgesamt vorbereitet und organisiert hatte, planten für den nächsten Tag eine leichte Wanderung um das kleine Dörfchen Elva, das sich auf 1.600 m Seehöhe befindet. Nach aufregender Fahrt auf einem schmalen Sträßchen mit unzähligen Kurven, welche die volle Konzentration der Fahrer der beiden Kleinbusse erforderte, traf man erleichtert im Bergdorf ein. Der erste Besuch galt der Dorfkirche, die ein bekanntes Fresko des flämischen Künstlers Hans Clemer aus dem 15. Jahrhundert beherbergt. Durch schattige Lärchenwälder und über Wiesen ging es zur Kapelle des Giovanni, von da aus man eine prachtvolle Übersicht über das obere Mairatal hätte. Diese war den Tittmoningern durch tiefe Wolken und Dunst leider verwehrt, – zum Glück wies eine Panoramatafel, die Richtungen auf die Hügel und Berggiganten hin. Nach den üblichen Blumen-Fotografie-Pausen wurde, zurück im Ort, erstmal Kaffee und Kuchen genossen bevor dem einzigartigen Haarmuseum ein Besuch abgestattet wurde. Elva war bekannt für die Caviè, die Haarhändler, welche den Perückenmachern in Europa und Amerika die wertvolle haarige Ware aus dem Valle Maira und den angrenzenden Regionen lieferten. Für Frauen, die ihr langes Haar verkaufen mussten galt damals der mit einem Tuch bedeckte kahle Kopf als Zeichen der Armut.
Von ihrem Stützpunkt in Marmora fuhren die Bergfreunde bei schönstem Wetter am vierten Bergtag über Canosio und dem kleinen Ort Preit zur Alm Selvest . Dort angekommen wurden erst einmal die von den bisherigen Touren belasteten Körper mit Yogaübungen, die Harti Rasch gekonnt anleitete, aufgewärmt. Auf einem breiten Fahrweg durch einen Lärchenwald bis oberhalb des Waldes durch Almgelände verlief der Weg in gemäßigter Neigung. An einer Weggabelung formierten sich zwei Gruppen: die Gruppe von Berni und Kurt gingen den weiteren Weg an einem Denkmal das an ein Lawinenunglück von Soldaten erinnerte vorbei und über mittelsteile Schneefelder bei bestem Firn zum Nago Nero, dem schwarzen See. Sigi ging mit seiner Gruppe den kürzeren Weg, die Schneefelder umgehend, zum gemeinsamen Ziel. Der idyllische Bergsee ist herrlich in eine grandiose Berglandschaft eingebettet. Von dort hatten die Bergsteiger herrliche Ausblicke, wie zum Beispiel auf den 2.831m hohen Rocca la Meja. Dass die Tittmoniger Bergler hart im Nehmen sind ist kein Geheimnis, so ließen es sich fast die Hälfte der Bergsteiger nicht nehmen in dem noch zum Großteil mit Eis bedecktem See auf 2.240 m gelegenen kurz zu schwimmen.
Nach einer gemütlichen Brotzeit und wieder von der Sonne aufgewärmt ging es anschließend auf den 2.394 m hohen Monte Bert. Der Abstieg durch herrliche Lärchenwälder über viele kleine Schneefelder und an wilden Bächen vorbei war ein romantischer Genuss.
Am Tag fünf der Bergwoche führte sie der Weg über Chialvetta, an Viviere vorbei zum Ausgangspunkt für die Tour zum Monte Estelletta und über diesen zum 2.341 m hohen Monte Midia Soprano. Auch hier waren die Bergfotografen überrascht von der Blumenfülle und den ausgedehnten Flächen voller Enziane in prachtvoller Blüte. In einem Sattel trennte sich die Mannschaft in eine Gruppe mit dem Abstieg via Direttissima und einer, die, wie aufgestiegen, zum Parkplatz ging. Eine Kaffee- und Kuchen-Brotzeit rundete diesen angenehm sonnigen Bergtag nach fünf Stunden Gehzeit gelungen ab.
Gleich drei Gipfel bot der Kammweg am letzten Tag der Bergreise: Vom Oberen Teil von Marmora, ausgehend von einer Kirche überschritten die Wanderer den Monte Festo, die Costa Chiggia (mit 2.128 m der höchste Punkt dieses Tages) und schließlich den Monte Buch. Kurz vor diesem Gipfel kündigte der Blick in den Talschluss des Mairatals nichts Gutes an: eine Regenfront kam schnell auf die Berggeher zu und unter heftigen Windböen wurde – zum ersten mal in dieser Woche – die Regenkleidung ausgepackt und übergezogen. So schnell wie der Schauer kam, so schnell war er weitergezogen und der Rückweg konnte bei erneutem Sonnenschein angetreten werden.
Am letzten Abend blickten die Teilnehmer auf die abwechslungsreiche Bergwoche zurück, welche durch die interessanten Informationen über die Geschichte, das Land und die Leute des Mairatals, die Kurt Stemmer bei den allabendlichen Tourenbesprechungen vortrug, einzigartig war. Nicht vergessen darf man die allabendlich vorzüglichen 7-Gänge-Menüs und den freundlichen, zuvorkommenden Service im „Ceaglio“, sowie die wertvollen Insiderinformationen über die Wege durch Peter Vogt, den Ideengeber des liebevoll hergerichteten und geschmackvoll-rustikal dekorierten Hoteldorfes.
Bericht: Kurt Stemmer & Sigi Reuner
Fotos: Teilnehmer