Datum: 9.-18. September 2022, Abruzzen u Majella
09.09. Am Freitag früh ab 7h machen sich insgesamt 15 Bergbeißer, verteilt auf 2 Pkws und einen Transit, auf den Weg in die ca. 900km entfernte Küstenstadt Pescara an der italienischen Adria, in der Region Abruzzen. Das Hotel Regent teilen wir uns mit dutzenden italienischen Nachwuchssportlern, die alle in blau gekleidet aber gar nicht so sportlich aussehen. Nach einem kurzen Schwimmstopp im Meer lassen wir den Abend gemütlich ausklingen. 2 Pkws werden für die nächsten 10 Tage hier stehen bleiben, nur der Transit macht sich mit dem Radlanhänger mit auf den Weg.
10.09. Am nächsten Morgen wird es ernst, es geht los! Bei bestem Wetter radelt die Gruppe A direkt von Pescara los, zunächst am Meer entlang und dann leicht ansteigend, die Gruppe B testet den Bus und fährt zunächst bis Penne, ab dort durch traumhafte Wälder zum Campo Imperatore, der auch Klein-Tibet genannt wird. Das ist landschaftlich ein absolutes Highlight, inkl. Self-Service Grillen und wir lernen erstmals Lammspießchen auf abruzzesische Art kennen, sog. Arrosticini- laut Wikipedia ein traditionelles Gericht der Schafhirten. Von dort geht es über Santo Stefano di Sessanio nach Castel del Monte, ein schönes altes Bergdorf mit knapp 450 Einwohnern auf gut 1.300 m und nach dem Erdbeben mittlerweile auch wieder fast vollständig aufgebaut. In der Unterkunft Le Covette werden wir 2 Tage bleiben, und lernen an 2 Abenden die üppige, und köstliche abruzzesische Küche kennen. (Hinweis: wer noch Schlüssel findet, bitte melden!).
11.09. Am nächsten Tag radeln bzw. fahren wir zum Ausgangspunkt einer Wanderung auf die Monte Camicia, auf 2,564m- leider überwiegend neblig, aber sehr schöne Wege und ein guter Gipfel, die noch schöneren Aussichten heben wir uns für die Folgetage auf. Auf dem Rückweg geht ein Teil noch zum Sightseeing und Eisessen nach Santo Stefano di Sessanio, sie berichten am Abend begeistert.
12.09. Am dritten Tag starten wir in Castel del Monte , eine 2er-Radlgruppe und eine größere Radl-Gruppe, Anfahrt zum Gran Sasso (Bergstation). Hier dann Radlschuhe aus, Bergschuhe an und auf zur kraxeligen Besteigung des Gran Sasso (Corno Grande), die Direttissima mit leichter Kletterei. Der Gran Sasso ist mit etwas über 2.912 m der höchste Berg des italienischen Festlands außerhalb der Alpen. Die Rückfahrt geht dann hauptsächlich bergab zur Talstation der Gran Sasso Seilbahn, ins Hotel Fiordigigli in Fonte cerreto. Leider lässt uns Maria, auf deren großartige Küche wir uns schon tagelang gefreut haben, an diesem Abend im Stich, wir werden aber dennoch kulinarisch nicht enttäuscht, und können satt ins Bett gehen.
13.09. Die vierte Etappe macht eine Schleife um den Lago di Campotosto herum und führt dann von Nordwesten her nach L’Aquila. L’Aquila ist die Hauptstadt der Region Abruzzen und liegt auf rund 700 Metern; es wird von allen Seiten von den Bergen der Abruzzen beherrscht. L’Aquila wurde in der Geschichte häufig von Erdbeben heimgesucht. Beim letzten schweren Erdbeben im April 2009 wurden große Teile der Altstadt zerstört. 308 Menschen starben und – nach Schätzungen – wurden rund 17.000 obdachlos. Wir sind im Hotel 99 Cannelle in unmittelbarer Nachbarschaft der berühmten „ Fontana delle 99 Cannelle“ (Brunnen der 99 Röhren) mit 93 Masken und 6 Röhren, aus denen das Wasser fließt und gleichzeitig an die 99 Dörfer erinnert, aus denen die Stadt entstanden ist. Abends dinieren wir in einem tollen Ristornate/Pizzeria im alten Bahnhof.
14.09. Die fünfte Etappe ist sozusagen (die erste) Königsetappe. Die starke Truppe startet direkt am Hotel in L‘ Aquila und hat 157 km und 3.015 Hm vor sich, die andere Gruppe startet in Rocca di Mezzo und bewältigt immerhin 2.300 Hm. Die landschaftlich sehr ansprechende Strecke führt durch den Parco Naturale Sirente Velino vorbei zu den südlichen Ausläufern der Majella. Am Stausee Lago di Scanno verläuft die Strecke durch eine spektakuläre Schlucht. Die Bier-Kelche in der Mittagspause sind schnell leer getrunken und weiter folgt eine längere Auffahrt auf den höchsten Punkt des Tages, den 1.630 m hohen Passo Godi. Am schönen Ort Barrea konnten wir dann einfach nicht vorbeifahren: Bei angenehmer Abendsonne und schönem Blick zum gleichnamigen See waren sich schnell alle einig, dass das der richtige Platz für ein wohlverdientes „Feierabendbier“ ist. Abends sind wir in Castel del Sangro; nach dem Vier-Gänge-Abendessen, das wir wie immer sehr lecker und sehr effektiv im „kollektiv-style“ bestellen und genießen, gibt es noch ein echtes Berchtesgadener Hofbräu auf der Hotel-Terrasse.
15.09. Die sechste Etappe führt uns in die Majella. Die Majella ist ein Bergmassiv in den Abruzzen, und liegt an der Grenze der Provinzen Chieti, Pescara und L’Aquila. Es enthält Hochebenen von bis zu 2.500 m Höhe, tief eingeschnittene Täler und Schluchten; der höchste Gipfel ist der Monte Amaro ( 2793m). Das Bergmassiv bildet den Mittelpunkt des Nationalparks Majella. Der Großteil der Bergbeisser radelt direkt über den Passo Leonardo in den Etappenort Caramanico Terme, während drei Bergbeisser auf einer landschaftlich außerordentlich reizvollen Strecke die Majellagruppe umrunden und über den Passo Lanciano nach 126 km und 2.550 Hm das Ziel erreichen.
16.09. Wir bleiben 2 Nächte. Am Tag der Ankunft ist es sehr stürmisch; am nächsten Tag geht es mit dem Radl auf den Passo an Leonardo (1298 m) und von dort durch Wald und schließlich auf einer stürmischen Lichtung bis zum Gipfel des Monte Morrone (2,141m), oben finden wir ein windgeschütztes Fleckerl für die Gipfelbrotzeit.
17.09. Am letzten Radl-Tag steht die (eigentliche) Königsetappe auf dem Programm, auf zum Blockhaus! Das Blockhaus befindet sich im Majella-Gebirge auf 2100 m. Der ungewöhnliche Name stammt aus dem 19. Jahrhundert, als es in Italien als modern galt, für militärische Begriffe deutsche Namen zu verwenden. Zur Bekämpfung der im unzugänglichen Majella-Gebiet festgesetzten Briganten errichtete man auf dem Gipfel einen Polizeiposten, der im „Blockhaus“ untergebracht war. Heute ist der Berghang ein Skigebiet. Daneben war die Straße zum Blockhaus auch mehrfach Etappenzielort beim Giro d’Italia. So endete die 9. Etappe des Giro d’Italia 2022 am Blockhaus. Auch wir kommen alle oben an, wenn auch zeitversetzt. Zurück nach Pescara, die letzten 30km fühlen sich an wie im Katastrophenfilm, da es sehr stürmisch ist, einige Bäume und Äste schon auf den Straßen liegen und der Weg an der Küste entlang durch Sandstürme getrübt ist. Wir kommen froh und glücklich wieder im Regent an. Am Abend geht es zum Aperitif in eine Weinbar, hier werden noch Mitbringsel gekauft und dabei ein Bier (!) getrunken ; das letzte Menu ist fein und steht unter dem Motto „seafood“.
18.09. Die Rückfahrt geht mit 9 Personen im Transit nach Siegsdorf, 2 Teilnehmer fahren weiter zum Radln, 2 weitere Teilnehmer bleiben vor Ort, um verlorene Schmuckstücke zu suchen und der Maria eine zweite Chance zu geben, und 2 Teilnehmer nutzen die Nähe zu Rom für ein paar Tage Sightseeing in dieser wundervollen Stadt, inkl. Audienz beim Papst.
Alles in allem war es eine sportlich, landschaftlich, kulturell und kulinarisch sehr gelungene Reise!!! Abruzzen und Majella bieten sich auch mal für winterliche Abenteuer an. Und den Giro d’Italia 2023 werden wir sicherlich alle sehr intensiv verfolgen- er startet in den Abruzzen, auf den Spuren der Bergbeißer!!
Noch ein paar statistische Daten: Die maximal gefahrene Streckenlänge an den 8 Radltagen betrug 778 km, die Höhendifferenz ohne Bergtouren 15.055 Hm.
Danke an Erik für die tolle Organisation (Etappen und Unterkünfte und Essen), an Franz für die Co-Führung, an Hannes für die Organisation des Busses, an Fritz für die Organisation des Radlanhängers und natürlich an die Firma Reuner für die kostengünstige Leihgabe des Busses, an alle Fahrer, die abwechselnd Bus gefahren sind und uns stets sicher von A nach B gebracht haben, die gesamte Gruppe für die super Stimmung und die Gaudi!
Wir freuen uns schon alle auf das nächste Abenteuer.
Bericht: Julia Zange
Bilder: Sepp Schneider und Franz Röckenwagner