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Rund um die Lechquellen

Die stille Seite des Arlbergs

Wer Arlberg hört,denkt meist an mondänen Skizirkus, mit großflächig erschlossener Landschaft und all seinen Begleiterscheinungen.Ein viertägiger Hüttentrek bewies das es dort auch überraschend ursprünglich zugehen kann. Eingepfercht zwischen dem späktakulären Rätikon im Westen und den langgestreckten Lechtaler Alpen im Osten wurde ein kleines, aber feines Gebirge lange Zeit wahlweise als „Hintere Lechtaler Alpen“ oder als „Klostertaler Alpen“gehandelt, bis der Alpinist Walter Flaig 1968 die Bezeichnung Lechquellengebirge eingeführt hat.

Trotz sehr unsicherer Wetterprognose aber mit einer Portion Optimismus starteten wir zu zwölft Richtung Innsbruck und über den Flexenpass nach Zug, einem Ortsteil von Lech am Arlberg.Unsere erste Tagesetappe begann am Parkplatz beim Fischteich. Dort schnürten wir unsere Bergstiefel,schulterten unsere Rucksäcke und voller Vorfreude über die bevorstehenden Tage machte sich die Gruppe auf den Weg zur Ravensburger Hütte (1947m) unserem ersten Quartier, wo alles seine Ordnung hatte.

Wetterbedingt entschieden wir uns für die kürzere Variante. Zunächst ging es an einem wunderschönen Wasserfall vorbei, durch Latschen und Buschwerk hinein ins Stierlochtal und auf einem Fahrweg hinauf zum Stierlochjoch . Über die weiten und relativ sanften Alpflächen wanderten wir im Nieselregen hinab zur Ravensburger Hütte. Nach nicht einmal zwei Stunden war die Hütte erreicht und es wurde der Uhrzeit und dem Wetter entsprechend eine gemütliche Mittagspause eingelegt.

Das Wetter besserte sich am Nachmittag zusehends und die Zeit reichte noch für die Besteigung des Spuller Schafberg 2679 m, Hausberg der Ravensburger Hütte.Er ist kein langweiliger Grasbuckel, wie der Name vermuten lassen könnte, sondern ein durchaus lohnendes Gipfelziel das im Gipfelbereich sogar leichte kraxelei erforderte.

Wir folgten dem deutlichen Pfad nach SW und überwanden im Zik Zak einen kräftig aufsteilenden sehr blumenreichen Grasrücken.Von diesem Boden führte der Steig auf eine Geländeschulter mit schönem Tiefblick auf den Spuller See. Danach erfolgte der weitere Aufstieg über Karstgelände, bevor man über den teils schuttbedeckten und schrofigen Schlussanstieg zum Gipfelkreuz gelangte. Dank seiner isolierten Stellung ein fantastischer Aussichtsgipfel im Herzen des Lechquellengebirges. Der Blick reichte über die Allgäuer – und Lechtaler Alpen zum Verwall,zur Silvretta , zum Rätikon und weit in die Bergwelt der Schweiz hinein.

Auf der folgenden Etappe zur Freiburger Hütte stieg die Gruppe am zweiten Tag zunächst zum Spuller See ab, einen Stausee der besonderen Art.Sein Wasser ist gegen zwei Täler hingestaut, die in zwei Meere entwässern.Über den Streubach im Süden fließt das Wasser dem Rhein und somit der Nordsee zu, während das Wasser des Spuller Bachs im Norden über Lech und Donau letzendlich ins Schwarze Meer gelangt.

Wir passierten die nördliche Staumauer und wanderten – begleitet vom pfeiffen der Murmeltiere – durch das Hochtal „Kühler Morgen“ in grasbewachsenen und blumenreichen Gelände höher.Etliche Kehren leiteten uns durch einen steilen Bröselhang auf die aussichtsreiche Kammhöhe des Gehrengrates der wir bis zum höchsten Punkt folgten.Am Grat (2439m) eröffnete sich den Bergfreunden eine komplett neue Sicht ins Lechquellengebirge mit der in markanten Gesteinsbändern mächtigen Roten Wand . Über die Westhänge wanderten wir bergab und danach quer durch die chaotische Karstlandschaft des Steinernen Meeres (das es also nicht nur in den Berchtesgadener Alpen gibt).In diesem verwirrendem Kalklabyrinth mit scharfkantigen Karren, steilwandigen Schachtdolinen und vielen Versteinerungen gönnte sich die Gruppe eine längere Pause.Im Auf und Ab durchschritten wir eine begrünte Mulde unterhalb des Formaletsch (2292m),den einige Teilnehmer noch erklommen während der andere Teil schon über das Schafjöchl zur Freiburger Hütte (1918m) marschierte. Sie liegt wunderschön am Rauhen Joch über dem Formarinsee mit traumhaften Blick auf die Verwall- und Rätikon Gruppe.

Der folgende Morgen präsentierte sich wunschgemäß klar und sonnig und wir nahmen die anspruchsvollste Etappe zur Göppinger Hütte auf dem aussichtsreichen Steinmayer-Weg in Angriff.

Von der Freiburger Hütte stiegen wir zunächst

über dem Ostufer des Formarinsees entlang zur Formarinalpe ab.Auf einem unauffälligen Pfad gelangten wir allmählich in das kupierte Gelände namens Obergschröf und weiter in das Untere Johannesjoch. Erneut durchquerten wir karstiges Terrain und gelangten zum Oberen Johannesjoch und weiter steil am Kamm aufwärts zur Johanneskanzel. Hier legten wir eine Pause ein und trauten unseren Augen kaum über den weiteren Wegverlauf.Die Route führte uns in großem Bogen in den Karkessel der Johanneswanne wo abermals ein Schrofenriegel überstiegen werden musste. In gegliedertem Steilgelände , teils über Bänder und Absätze querend erreichten wir die Ostschulter des Östlichen Johanneskopfes von wo aus die Göppinger Hütte (2245m) sichtbar wurde.Wir erreichten sie im nordseitigen Bergab zu den welligen Gamsböden, wie diese Hochterasse bezeichnet wird.

Auf der kleinen heimeligen Bergsteiger Hütte bezogen wir wieder unter genauer Kontrolle der 3Gs unsere Zimmer und gönnten uns eine Kaffepause.Während sich ein Teil der Gruppe für ein gemütliches Beisammensein entschied,nutzten einige Gipfelstürmer noch den schönen Tag für einen Abstecher auf die Hochlichtspitze (2600m). Durch steiles Schrofen- und Felsgelände führte der anspruchsvolle Wegverlauf in einer Stunde direkt zum Gipfel mit 360 ° Rundumblick.

Die letzte Etappe führte uns auf dem Thomas Praßler-Weg nach Zug. An diesem Tag machte uns das Wetter dann doch einen Strich durch die Rechnung. Wir hatten bis jetzt grosses Wetterglück und ich wollte einfach nicht glauben das es am letzten Tag wirklich regnen sollte..Bei bewölktem Himmel und gestärkt mit einem ordentlichen Hüttenfrühstück gingen wir wie jeden Tag um 8 Uhr los.Bereits nach einer Stunde setzte leichter Regen ein und Nebel zog auf. Wir setzten unsere Wanderung fort ,als plötzlich im Nebel Steinböcke vor uns auftauchten. Mit stoischer Gelassenheit stromerten sie durch die Schrofen und wir hatten unsere Freude daran doch noch welche zu sehen. Auf der Panoramastrecke par excellence war dann leider alles zu und keine imposante Gipfelrunde zu bestaunen. Auf dem Thomas Praßlerweg wanderten wir am Butzensee vorbei durch die Südhänge des Zuger Hochlichts und vorbei an den eindrucksvollen Gipslöchern am Kriegersattel – eine geologische Besonderheit der Region.

Unaufhaltsam prasselte der Regen auf uns nieder und erst jetzt, gegen Ende der Tour marschierten wir vorbei an den ersten Liftanlagen – die uns daran erinnerten, das wir ja im Arlberggebiet unterwegs sind wo der „weiße Rausch“angeblich alles gilt – den steilen Abstieg nach Zug hinunter.Völlig durchnässt aber wohlbehalten schloss sich der Kreis unserer Rundtour nach dreieinhalb Stunden Dauerschnürlregen am Gasthaus Fischteich und trotzdem waren alle noch gut drauf. Die freundliche Wirtin stellte uns zum umziehen das aufgestellte Zelt zur Verfügung und reservierte gleich 12 Plätze in der warmen Gaststube.Trocken und aufgewärmt stärkten wir uns im Fischerstüberl mit köstlichen Fischgerichten für die Heimreise.

In Erinnerung bleiben vier abwechslungsreiche Tage mit einer einzigartigen Flora und Fauna,sanften Almwiesen und schroffen Felsen,breiten Graten und steilen Grasflanken.

Eine schöne Ersatztour für den Allgäuer Hauptkamm!

Bericht: Rita Kramhöller

Fotos: Hubert Kopp und Astrid Prestel