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„Auf dem Dach der Ostalpen“: Skibergsteiger des DAV Tittmoning durchquerten die Hohen Tauern

Der „Tauernweg“ gehört laut Peter Keill, dem Autor des weithin bekannten Durchquerungsführers „SkiExpress“, zu den großen skialpinistischen Herausforderungen der Alpen und hält auch einem Vergleich mit der berühmten „Walliser Haute Route“ stand. Für viele Bergsteiger ist die Durchquerung einer ganzen Gebirgsgruppe die „Königsdiziplin des Alpinismus“, wohl niemand kann die Hochalpen ursprünglicher erleben als der Skibergsteiger, der seine Spur durch den gleißenden Schnee zieht.
Auch wir durften diese Ursprünglichkeit und Freiheit kürzlich auf der Skidurchquerung der Hohen Tauern bei guten Bedingungen erleben. Bereits der Einstieg an den weltberühmten Krimmler Wasserfällen war eindrucksvoll. Gut 15 cm Pulverschnee vom Vortag verwandelten das Krimmler Achental in eine wildromantische Winterlandschaft. Bereits am späten Vormittag erreichten wir das urkundlich erstmals im Jahre 1389 erwähnte Krimmler Tauernhaus, eine Einkehr ist allein schon wegen der ursprünglich erhalten geblieben Gaststube unumgänglich. Für eine Übernachtung liegt das Tauernhaus jedoch noch zu früh am Weg, der versierte Tourengeher legt noch den Weg bis zur Warnsdorfer Hütte zurück um sich für den Folgetag eine gute Ausgangsposition zu verschaffen. Nach gut 18 km Wegstrecke und ca. 6 Std. Gehzeit erreichten wir diese und konnten uns nach der anstrengenden Spurarbeit im letzten Drittel des Anstieges in der wärmenden Nachmittagssonne erholen. Bereits beim Anstieg zum Gamsspitzl am nächsten Tag zogen entgegen der Wetterprognosen erste Wolken auf und beim Übergang zum Mauerertörl war das Obersulzbachkees bereits in dichten Nebel gehüllt. Sicherheitshalber setzten wir den Anstieg am Seil fort und beim Erreichen des Mauerertörls konnte man bereits die von der „Essen-Rostocker-Hütte“ heraufziehenden Skispuren der „Geigeraspiranten“ erblicken. Nach einer kurzen Abfahrt im Bruchharsch übelster Sorte wurden gleich wieder die Felle aufgezogen und der Aufstieg zum 3.360 m hohen Gipfel des Großen Geiger über die gut begehbare Südwestflanke bewältigt. Mittlerweile zeigte sich auch wieder die Sonne und die Schneequalität hatte sich dadurch bei der langen und abwechslungsreichen Abfahrt zur Johannishütte deutlich verbessert. Nach einer gemütlichen Rast auf der Sonnenterasse machten wir uns auf zum letzten Anstieg des Tages zum 2.962 m hoch gelegenen Defreggerhaus, insgesamt standen an diesem Tag ca. 2.100 Höhenmeter zu Buche. Neben dem tollen Sonnenunter- und aufgang, den wir dort genießen konnte, ist das Defreggerhaus aufgrund seiner hohen Lage auch der ideale Startpunkt für den bevorstehenden Anstieg zum Großvenediger. Vorbei an seinen steil emporragenden Trabanten stiegen wir in der Morgensonne zum 3.667 m hohen Gipfel auf und konnten bei wolkenlosem Himmel die imposante Aussicht völlig ungestört genießen. Nachdem wir die beiden Skidreitausender Rainer Horn und Kleinvenediger mitgenommen hatten, luden uns die unendlich weiten Hänge des Schlatenkees zu einer berauschenden Firnabfahrt ein. Nach fast 2.000 Hm erreichten wir den Talboden und konnten aufgrund der guten Schneelage die ca. 10 km per Ski zurücklegen, was nur in sehr guten Wintern möglich ist. Im Matreier Tauernhaus konnten wir nach zwei Winterraumübernachtungen den Komfort einer Dusche und die gute Osttiroler Küche in vollen Zügen genießen. Gut erholt begaben wir uns am vierten Durchquerungstag auf die lange Etappe zur Rudolfshütte, als ersten Gipfel bestiegen wir dabei nach ca. 3 Std. Gehzeit die 2.841 m hohe Amerthaler Höhe, wo uns ein heftiger Graupelschauer empfing. Nach einer zwischenzeitlichen Abfahrt zeigte sich beim ca. 2-stündigen Anstieg über das Prägratkees zur Granatspitzscharte bereits wieder die Sonne und bei sehr abwechslungsreichen Wolkenstimmungen konnten wir den Stubacher Sonnblick (3.088 m) per Ski besteigen. Eine anregende Kletterei über den Ostgrat führte uns schließlich auf die nur 2 m niedrigere Granatspitze. Nachdem sich die Wolken zwischenzeitlich wieder verdichtet hatten und die Schneedecke stark durchfeuchtet war, fuhren wir sicherheitshalber am Seil ab über das Sonnblickkees ab, glücklicherweise war es die einzige Abfahrt am Seil während unserer Durchquerung. Mit dem Eintreffen am 2.350 m hoch gelegenen „Berghotel Rudolfshütte“ fanden wir uns nach vier Tagen in der Einsamkeit der Berge urplötzlich in der Zivilisation wieder. Schnell hatten wir uns aber an die komfortable Herberge gewöhnt und genossen bei Weißbier und Kaffee den imposanten Blick durch das Panoramafenster auf die in der Abendsonne emporragenden, mächtigen Gipfel der Granatspitzgruppe. Ein krasser Gegensatz zu den ersten beiden Winterraumübernachtungen auf der Warnsdorfer Hütte und dem Defreggerhaus, die aber unbedingt zum Erlebnis einer echten Skidurchquerung gehören.
Aufgrund der warmen Temperaturen und dem damit verbundenen deutlichen Anstieg der Lawinengefahr entschlossen wir uns am nächsten Morgen die Durchquerung zu beenden. Mit einer rasanten Abfahrt über die Skipiste zum Enzingerboden ging für unser Team ein großartiges Erlebnis zu Ende und wir waren uns einig, dass wir die lange Tradition der Skidurchquerungen in der AV-Sektion Tittmoning fortsetzen möchten.

Bericht: Franz Röckenwagner